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Die Pfarrkirche in Haselünne.

Von Dr. della Valle, Meppen.


"Haselünne besitzt eine Kirche, die durch ihren großartigen Stil und ihre imposante Höhe alle Pfarrkirchen des Emslandes an Pracht und Schönheit übertrifft" - so las ich schon als Volksschüler im Diepenbrock, den der Großvater aus dem Nachlaß des Pfarrers von Heede erstand. Es kamen die Studienjahre am Gynmasium in Mepen. Eine der ersten Turnfahrten führte über Haselünne nach Herzlake. "Nun siehst du die schönste Kirche des Emslandes" - aber unerbittlich ging's in steten Schritt und Tritt durch Haselünne, vorbei am alten Gotteshaus. Der ungestüm drängenden Jugend tut warten gut, und die langsam reifende Frucht ist um so köstlicher. Nach 15 Jahren erst wurde der Jugendwunsch erfüllt.

Stolz und majestätisch steht sie vor uns die dem hl. Vinzenz geweihte dreischiffige Hallenkirche, ein Prachtbau der Gothik aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, keine Dorfkirche, eine rechte Stadtkirche mit hochgezogenen Schiffen, schnell wachsendern Strebepfeilern, breiten, hohen gotischen Fenstern mit Maßwerk im Fischblasenmuster. Das Langhaus ist 30 Meter lang, 22,64 Meter Breit. Das dreiseitig abschließende, 1509 erneuerte Chor war vielleicht schon im Jahre 1376 in Angriff genommen, als zum Langhaus die Fundamente gelegt wurden. Eine gotische Inschrift im Chorinnern neben der Sakristeitür meldet nämlich:

Parca tulit Monnynck Herbordum: scribere fasti Millia dum jubeant tria centum sex septuaginta Postes qua structi iacuitque crepidine longum.
Die Schicksalsgöttin raffte dahin den Herbord Monnynck,
Da die Chronik schreiben ließ 1376,
Als das Gebälk errichtet und das Langschiff im Fundamente gelegt war.

Schnell eilen wir an den beiden steifen, auch zum Bachsteinbau der Kirche nicht recht passenden Sandsteinvorbauten der Seitentüren vorbei zum Turm, vielleicht dem ältesten Teile des ganzen Gotteshauses, einem Backsteinbau mit festen Kieseln und Eisenstein, außen durch Quadern verblendet. Sein durch vier Gurtgesimse gegliedertes Mauerwerk von 33 Meter Höhe erreicht schon die Durchschnittshöhe der alten Emslandtürme. Dazu kommt die 1860 errichtete stattliche Turmspitze in Höhe von 30 Metern. Schön läßt sich an Hand der Urkunden die Baugeschichte des Turmes verfolgen. Schon im Jahre 1473 verzichtete der Pastor von Haselünne - durchweg heißt die Stadt in den Urkunden einfach "Lünne", wohl von lohne = Holz= oder Knüppeldamm, der dort über die Hase führte - Johannes Hordynck auf seine Eigentumsrechte an einem alten und neuen Testamente sowie an einem Missale in Höhe von 20 rheinischen Gulden, die er dem Kirchenrat schenkte "ton besten to der tymmeringhe des tornes"; am 26. April 1480 überließ die Witwe Hille Busche dem Kirchenrat zwei Schuldverschreibungen "to behoef des goeden heren sancti Vincentii . . . . und bisunders to temmeringe und verbeteringe des nyen Kerktornes daersulves" 1481 am 20. Sept. schenkten die Knappen Roloff und Engelbert von Langen zum Turmbau jeder 5 Fuß "grawes Benthemer steyns in de wyde unde hoge", die sie auch auf eigene Kosten holen und mauern ließen. Wie persänlich sind doch unsere Vorfahren am Bau ihrer Kirchen beteiligt! Selbst die toten Steine riefen den Nachkommen der Familie von Langen, wenn sie alljährlich am Montag nach Gallitag zur Familienmemorie kam, die der Kirchenrat für die Stiftung der Bausteine zugesichert hatte, zu: Eure Ahnen einst holten uns her aus den Bentheimer Bergen und mauerten uns ein zur Ehre des Herrn! Nun verstehen wir, wie die religiöse Idee, Gemeinsinn und Opfergeist weckend, so herrliche, unser Staunen, ja Bewundern erregende Bauten schuf. Noch am 1. Sept. 1487 schenkte die Familie Stickamp eine Summe Geld für den Turmbau. Der Pastor Becker verpflichtete sich und seine Nachfolger, dafür eine Memorie zu halten die am Sonntag vor "Lünner Kermisse" mit Vigilie begann. Entschlossen und zielbewust standen die Pfarrkinder ihrem eifrigen Pastor zur Seite, ja sie schreckten auch nicht vor einer Anleihe zurück, um das begonnene Werk zu vollenden. Der Kanonikus Schadeke an St. Lamberti in Oldenburg streckte ihren 60 Gulden vor, um den Bau weiterführen zu können. Echte Niedersachsen, die so zäh festhielten, wo Gottes Ehre und der Vaterstadt Stolz und Name in Frage kamen!

Auch das Geläut - die dritte Glocke ausgenommen - entstammt derselben Zeit um 1500. Wolter Westerhues, Westfalens gefeierter Glockengießer, schuf es. Die älteste Glocke kündet sich selbst in der sinnigen Inschrift als Marienglocke an:

"Marie bin ick genannt
To den denste godes wol bekannt
De menschen dorch dat geluth nyn
Wird'n gewyset to mildicheit syn."
Die kleine Meßglocke trägt in gotischen Typen die Verse:
"Sum tuba magna die divi sub nomine patris Vincentii populos ad sua templa vocans."
Wolterus Westerhues a. d. MDIII.

Gottes gewaltige Stimme ich bin , zu rufen die Scharen zum Heiligtum unter es herrlichen Vaters Vinzentius Namen.

Alles an diesem ehrwürdigen Heiligtum zieht uns an, besonders das Innere - ein ragendes Sursum coda, der Gothik lautrufende Stimme. Sechs zierliche, freistehende, von Kapitälen gekrönte, sieben Meter hohe Pfeiler halten die schlanken Bogen mit den reichen Sterngewölben. Wenn sie sprechen könnten die Gewölbefelder, die jetzt so einsamen Pfeiler! Einst, so würden sie klagen, schauten wir herab auf die vielen Altäre zu unseren Füßen, auf die Priester, die das Opfer feierten. Unser war er, unser der Altar, dem wir jahrhundertelang Stütze waren, unser die Beter und das Glöcklein, das zur hl. Wandlung groß und klein anbetend niederknien hieß, unser die Requiemaeternam=Bitte auf zuckenden, bebenden Lippen, unser aber auch der Te=Deum=Jubel am Patronstage unseres Altarheiligen, unser sein Festlied und die Weihrauchwolken zum Gewölbe hinaufschwebend, die Pfeiler umkreisend gleich ringelreigentanzenden Kindern im Jugendglück. Da kam der gestrenge Herr Bischof Franz Wilhelm von Osnabrück und nahm uns unser stilles Glück.

Im Mittelalter zählte man in der Haselünner Kirche außer dem Hochaltar und einem Altar in der Sakristei sieben Nebenaltäre. Der Altar des hl. Nikolaus und er hl. Magdalena ist schon am 2. Mai 1351 vorhanden. Zu seiner Fundation trugen bei Johann Broteschalke, Bernd von Düthe und Bernd von Varlo. Am 11. Nov. 1402 folgte die Stiftung des Marienaltars. Unter den Fundatoren stehen obenan die Pfarrer von Aschendorf, Bernard Dop, und der Priester Heinrich von Westerlo. Bischof Heinrich von Osnabrück genehmigte die Stiftung und regelte juristisch genau das Rechtsverhältnis des neuen Vikars zum Pfarrer; der Bischof Otto von Münster als Patronatsherr der auf einem alten mnsterschen Haupthof erbauten Pfarrkirche gab seinen Konsens dazu. Dieser neue Altar wird nun der Mittelpunkt des Marienkultes oder, wie es in einer Haselünner Urkunde so kindlichschön heißt der "ere unser leven vrouwen van hemelrike." Wenn wir unsere Marienminne in die Worte kleiden: "Alle Tage sing und sage Lob der Himmelskönigin" - in der Haseslünner Kirche wurde buchstäblich täglich Maria Lob gesungen. Schon am 30. Sept. 1364 vermachten Bernd und Dietrich Schat dem Pfarrer von Haselünne fünf Scheffelsaat Bauland auf dem Westeresche mit der Auflage, täglich nach dem "Homisse" das Salve Regina zu singen, "damit die Gottessmutter sich erbarme über die Stifter, die Sänger und die , welche das Salve Regina mit innigem Herzen singen hören, "dhat Jhesus Christus uns allen helpe unde troeste in der hoghesten noed, wie zien levendigh eder doet." Per Mariam ad Jesum durch Maria zu Jesus - so hat unsere Heimat geglaubt und gebetet, 1364 nicht anders wie heute. Treu wurde der Stifter Wille vollführt. Hundert Jahre später, 1486 stiftete Geseke, die Witwe des Heinrich van Vullen, Lichter, die immer brennen sollten, wenn das Salve Regina gesungen wurde. Jeden Samstag fand eine feierliche Prozession mit dem Bilde Mariens auf dem Kirchhofe statt. Für die Kerze, die dabei dem Bilde der Gottesmutter vorangetragen wurde, vermachte Johann Monick am 3. Nov. 1463 zwei Scheffel Land auf dem Andruper Esch. Haselünner Kongreganisten und Kongreganistinnen, euch zulieb wurden die Anfänge des Marienkultes in eurer Heimatkirche aufgehellt. Vergesset die Sprache der Urkunden nicht, haltet das von Innerlichkeit zeugende Vermächtnis eurer Vorfahren heilig!"

Mutter und Kind, Maria und die hl. Anna wurden im Mittelalter fast immer zusammen verehrt. Wie die Meppener, so hatte auch die Haselünner Kirche ihren Annenaltar. Am 25. Okt. 1501 wurde der Annenaltor errichtet. Die Urkunde erzählt von den Opfergaben, welche die Bürger auf den Altar der Mutter Anna niederzulegen pflegten: Wachs, Flachs, Wolle, Kleider und Kleinodien. Zunächst wurden die Lichter für den Altar der hl. Anna von dieen Oblationen bestritten, dann der Rest verteilt zwischen dem Pastor, dem Vikar des Annenaltares und Ratleuten der Stadt Haselünne. Schon am 5. April 1496 muß die Vikarie der hl. Anna bestanden haben. In diesem Jahre kam der Vikar in den Besitz der Eichelmast für zwei Schweine "in den Sunnergen unde mersch ton Hoeven" im Kirchspiel Haselünne. Eine Annenbruderschaft trat 1502 ins Leben, die von jetzt an die Sorge für den Altar und die Stiftung übernahm. Jeden Morgen, im Sommer um 5, im Winter um 6 Uhr brachte der von der Bruderschaft 3 Malter und 6 Scheffel reinen Winterroggen nach Haselünner Maß. Die letzte Vikariestiftung zu Ehren des hl. Josef erfolgte am 2. Nov. 1708 durch den Kaplan Theodor Ostermann. Bei der Kirchenvisitation am 9. Aug. 1651 verlangte der Bischof Franz Wilhelm von Osnabrück, daß alle Altäre von den Pfeilern entfernt würden, weil sie nicht mehr genügend dotiert seien. Nur ungern erfüllte man des energischen Bischofs Willen, den Altar in der Sakristei ließen die Bürger jedoch trotz mehrfacher Mahnung stehen. Im folgenden Jahre, am 5. Mai, wurde der Altar der Mutter Gottes und der hl. Anna der Kaplanei inkorporiert. Diese einzelnen Altäre bildeten den Mittelpunkt der individuellen Andacht der Gläubigen. Besondere Erwähnung verdient die von den Dominikanern aus dem Kloster Ratrup in Osnabrück eingeführte Rosenkranzbruderschaft und die Todesangstbruderschaft. Letztere wurde im Emslande allgemein erst durch Meppener Jesuiten im 17. Jahrhundert eingeführt, in Haselünne wurde die Andacht zum leidenden Heiland aber schon im 15. Jahrhundert besonders geübt. Seit dem 22. April 1446 hatte der Küster an jedem Freitage nach dem Hochamte mit der großen Glocke zu Ehren der fünf Wunden Christi zu läuten, und zwar solange "dat men vyeff Pater Noster spreche." Dafür bezog die Küsterei eine Rente von 2 Schillingen aus dem Hause Mense in Bückelte.
Außer den schon erwähnten feierlichen Umgängen waren im Mittelalter bekannt die Fronleichnamsprozession und die Bittprozession. Am Markustage ging die Prozession durchs Hasetor über die Brücke; die Bittprozession am Montag zog durch das steinerne Tor; am Dienstag war durch dasselbe Tor der Auszug, die Rückkehr aber fand statt durch das Osttor; am Mittwoch führte der Bittgang über die Hasebrücke. Täglich wurde eine kurze Predigt gehalten; auch beobachtete man an jedem der drei Bittage das Abstinengebot, ohne daß eine Verpflichtung dazu vorlag. Michaelis wurde eine Sakramentsprozession abgehalten, um Feuergefahr abzuwenden; am Sonntag nach Ostern und Pfingsten wie auch an den hohen Feiertagen war Prozession um den Friedhof. Im Advent und in der Fastenzeit wurde zweimal in der Woche, am Mittwoch und am Freitag gepredigt. Mit großer Feierlichkeit beging man seit 1659 das Fest des hl. Vinzenz, des Kirchenpatrons. Papst Alexander VII. hatte allen, die an diesem Tage nach Empfang der Sakramente die Kirche besuchten und beteten um Eintracht unter den christlichen Fürsten, um Schwinden der Irrlehren und um Erhöhung der Kirche einen vollkommenen Ablaß verliehen. Besonders innig wurden unsere Vorfahren mit ihrer Heimatkirche verbunden durch die vielen Memorienstiftungen. Man feierte solche Memorien durch die sog. Vigil am Abend und die am folgenden oder an einem späteren Tage für den Toten aufgeopferte Seelenmesse. Nach der Memorie wurden aus den Einkünften der Stiftung Präsenzgelder verteilt an den Pastor, den Kaplan und die Vikare. Auch der Lehrer und die Schüler, die beim Requiem gesungen, bekamen Präsenzgelder, gewöhnlich einen Pfennig weniger als die Priester. Wie mögen die Haselünner Jungens sich auf die Memorien gefreut haben, besonders auf den Moment, wo nach Schluß der Feier der Pastor aus dem "Wedem", dem Pfarrhaus, persönlich die Gelder holte, wie es ausdrücklich in der Memorienstiftung des Knappen Joh. Bredenbeke 1450 bezeugt ist! Bei der bekannten Liebestätigkeit des Mittelalters braucht es uns nicht aufzufallen, daß auch die armen Leute bei der Gabenverteilung in der Kirche bedacht wurden. Die Lichter für Vigil und Seelenmesse bestellten und bezahlten die Familienangehörigen selbst. An solchen Memorientagen gehörte die Kirche eben der einzelnen Familie. Wie klug wußte das Mittelalter Gemeinsinn und Familiensinn mit einander zu verbinden!
Wohl zum Ältesten in der Haselünner Kirche zählt der streng romanische, auf vier Löwenfüßen sich erhebende Taufstein mit den schmucken Weintraubenornament. Zwischen den ihn umgebenden Bänken kommt seine Formschönheit wenig zur Geltung; inmitten einer romanischen Taufkapelle würde er aufmerksam suchende Augen ungemein fesseln. Prächtig ist vom Taufstein aus der Blick aufs hohe Chor. Hier stand i. J. 1858 bei seiner ersten Firmungsreise der Bischof Paulus Melchers, als er in die Kirche einzog von den Gotteshauses Schönheit ergriffen, plötzlich still und leise kams über seine Lippen: Ein Dom! Die ungleiche Breite der Seitenschiffe wirkt keineswegs störend. Bis 1898 stand auf dem Chor ein mächtiger Barockaltar mit einem Altarbild, das den Tod des hl. Vinzentius darstellte. Es war gemalt vom Maler Abshofer im Jahre 1716. Dieses Oelgemälde, arg verblichen, befindet sich jetzt an der südlichen Seitenwand. An der Nordwand erblicken wir ein zweites Bild, die Himmelfahrt Mariä darstellend, ein Motiv, das in so manchen Kirchen des Emslandes im Altarbild begegnet. Früher zierte es den südlichen Nebenaltar.
Und nun zum kostbaren Kleinod der schönen Kirche, der kunstvollen Pieta im linken Seitenschiff! Willst du andächtig beten und Ergebung lernen - hier knie nieder, schau unsern lieben Herrn auf der schmerzhaften Mutter Schoß, dann wird der Sinn der Leiden , auch deiner kleinen Leiden dir aufgehn. Wahrlich, einen passenderen Ort hätte die Familie von Monnynck für ihr Familienepitaph sich nicht wählen können, als den Raum oberhalb dieser Pieta. Das Epitaph, reich in den Reliefdarstellungen, imponierend in den Maßen könnte einer Domkirche zur Zierde gereichen. In den einzelnen Bildern sehen wir Christi Verspottung, Kreuzigung, Dornenkrönung und Auferstehung. Unter dem Kreuze kniet die Stifterfamilie von Monnynk zum Eickhoff. Daneben die Inschrift: Anno 1662 Dez. 6 Kaspar von Monnynk Herr zum Eickhoff - Burgmann zu Haselünne. 1645 Juni 6. dessen Ehefrau Gertrud von Wendt selig im Herrn entschlafen. Renovatum 1859 und 1909. Darüber befinden sich die Wappen des Ritters und seiner Frau. Im Schild eine Schafscheere, über dem Helm zwei sich kreuzende Schafscheeren. Das Frauenwappen weist drei Nägelköpfe auf. Gegenüber an der Westwand des linken Seitenschiffes erblickt man ein zwar kleineres, aber durch die Wappen in der Umrahmung interessantes Epitaph. Seine Inschrift lautet: Anno 1610 am 26. Apr. ist der edle und ehrenfeste Rudolf von Langen zu Schwakenburg und Haselünne erbgesessen dem Herrn entschlafen, dessen Seele Gott gnädig ist (fic!) Amen. Gekrönt wird das Epitaph durch eine Darstellung der Auferstehung Christi und die Wappen derer von Langen=Schwakenburg und der Witwe von Hake: Schräge Schafscheere und drei Mauerhaken.
Für die hohe, mächtige Kirche zwar etwas zierlich, aber durch seine Geschichte und seine edlen Formen recht beachtenswert ist das Chorgestühl. Es stammt aus dem 1652 gegründeten Klarissenkloster in Haselünne, das 1812 zur Franzosenzeit aufgehoben wurde. Gar fein harmonierten einst braunes Gestühl und brauner Habit, wenn in mitternächtlicher Stunde bei flackerndem Lichte die Schwesternschar die Sitze einnahm, wenn auf dem reizenden, kleinen Drehpulte die Antiphonarin die Brevierschließen öffnete und mit Glockenschlag 12 intonirt wurde: Deus in adjutorium meum intende . . .
In den Jahren 1834 und 1835 wurde das Chor einer gründlichen Reparatur unterzogen. Die Kirche zahlte aus dem Kirchenärar dazu 300 Reichstaler, die Stadt aus der Kämmereikasse 600, das Kirchspiel - die Stadt ausgenommen - 300 und eine Roggenkollekte im Kirchspiel Bokeloh brachte 44 Reichstaler, 21 Groschen und 4 Pfennige. Auch die Kirchenbänke und der Flur wurden damals erneuert für 91 Taler, den Erlös aus dem Verkauf von 14 Kirchensitzen. Unter dem seligen Pastor Schniers erhielt das Gotteshaus 12 neue Fenster und statt der alten Barockaltäre drei neue gotische Altäre. Ueber die in den letzten Dezennien in unserer Heimat errichteten gotischen Altäre sind die Ansichten verschieden, doch wird auch eine negativ gerichtete Kritik den Haselünner Hochaltar bei guter Lichtwirkung trotz der in Chorfenster hineinragenden Fialen und Türmchen günstiger bewerten.
Das Gesamturteil wird davon nicht berührt: Haselünne besitzt ein prächtiges Gotteshaus, "eine Domus nitida", wie es in den Quellen genannt wird, einen glänzenden Tempel, einen wirklichen Dom, eine Symbol der herrlichen Ideenwelt katholischen Glaubens: Auf festen Quadern ruhen, in Pfeilern voll Majestät und Ruhe die kühnen Boden tragend, das Sichtbare mit dem Unsichtbaren verbinden - den Menschen mit Gott.