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Die Geschichte des Emslandes im Rahmen der allgemeinen deutschen Geschichte.

Von Studienrat Geppert, Meppen.

II. Teil: Die schwedische Zeit.
(Zu Grunde liegen 1. Weskamp, "Das Heer der Liga in Westfalen", und 2. Professor Wenkers Nachlaß.

Inzwischen war ein Ereignis eingetreten, das auch für unsere Heimat nicht ohne Wirkung blieb, nämlich die Landung des Schwegenkönigs Gustav Adolf in Pommern (1630). Während der König ins Innere Deutschlands marschierte, vertraute er die Sicherung der Odermündungen sowie die Besorgung des Nachschubes an Proviant, Munition und Truppen seinem Generalmajor, dem ostfriesischen Reiachsfreiherrn Dodo zu Innhausen und Knyphausen an. Nicht jedem konnte der König dieses Amt übergeben, aber Dodo von Knyphausen besaß die nötigen militärischen Fähigkeiten, verbunden mit Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Gesinnung. Mehrfach war von höchster Stelle aus, von Tilly, Wallenstein, ja vom Kaisesr selbst der Versuch gemacht, ihn für die katholische Sache zu gewinnen, aber er hatte sich nun einmal in den Dienst "des allgemeinen notleidenden evangelischen Wesens" gestellt, als durch Tillys Siege (Schlacht am Weißen Berge 162 0 usw.) der Katholizismus unaufhaltsam vordrang, und er ist dieser Sache treu geblieben. Militärische Führereigenschaften hatte er sich im Lager des Grafen Ernst von Mansfeld sowie des "tollen Christian" von Braunschweig erworben, dessen Niederlage bei Stadtlohn im August 1623 ihm allerdings zur Last gelegt ward. Der "tolle Christian" war so zornig gegen Knyphausen, daß er ihn ohne Untersuchung und Verteidigung zum Tode verurteilen, und schon war der Sand auf dem Richtplatz gefahren, als ein hochstehender holländischer Freund einen Aufschub erwirkte. Ein Militärgericht schrieb die Schuld dieser Niederlage der Feigheit der ungeübten Söldner zu, so daß Knyphausen dem Tode entging. Seine militärische Bedeutung geht auch daraus hervor, daß die fürstlichen Verwandten des Braunschweigers sehr schlecht auf ihn zu sprechen waren. Ihm schrieben sie die Schuld zu, daß ihr Christian den Kriegspfad betreten hatte. Sein Onkel, der König von Dänemark, nennt Dodo "einen losen Kerl, der an all diesem Unwesen allein die Schuld trage." Seine Mutter, der Dodo ein längeres Rechtfertigungsschreiben, daß nicht er seinen Herrn zu dem kriegerischen Unternehmen angereizt habe, gesandt hatte, war höchst entrüstet, "daß der Wolf so bald zu einem Schaf geworden sei", und sein Bruder befahl dem Knyphausen sogar, die Braunschweigischen Lande zu meiden; ja, er wollte einen Beschluß erwirken, daß Dodo v. Knyphausen im ganzen niedersächsischen Kreise nicht weiter geduldet wurde. - Dieser osftriesische Edelmann, dessen Nachkommen als Fürsten zu Inn= und Knyphausen noch heute auf Lütetsburg im Kreise Norden leben, wo auch Dodo anno 1583 geboren war, geriet aber infolge treuen Ausharrens auf seinem militärischen Posten in Mecklenburg in die Gefangenschaft Tillys, sodaß er den Siegeszugs des Königs Gustav Adolf durch ganz Deutschland bis n ach München (1631/32) nicht mitmachen konnte. Als er jedoch gegen 3 vornehme Obersten ausgewechselt worden war, spielte er bald darauf in der bekannten Schlacht bei Lützen (Nov. 1632), wo sein König fiel, eine bedeutsame Rolle. Er übernahm mit dem Herzog Bernhard von Weimar nach Gustav Adolfs Tode den Heerbefehl, befehligte das Fußvok des 2. Treffens und führte neben dem Herzoge das schwedische Heer in langem heißem Ringen endlich beim Abenddämmern des 16. November zum Siege. Dieser Doppelbefehl blieb für die nächsten kriegerischen Maßnahmen in Obersachsen bestehen, bis beide Heerführer sich in der Weise trennten, daß Bernhard von Weimar nach Süddeutschland zog, Dodo von Knyphausen dagegen die Sache der protestantischsen Union im Weser= und Emsgebiet, das ihm als Ostfriesen ja bekannt war, vertreten sollte. Zu diesem Zwecke ernannte ihn der schwedische Reichskanzler Arel Oxenstierna zum Feldmarschall (10. Jan. 1 633) In der Bestallungsurkunde war hervorgehoben, daß bereits der verstorbene König die Absicht gehabt habe, "eine tapfere Armee in Niedersachsen und Westfalen zu schicken und darüber dero Generalmajor, den wahlgeborenen Herrn Dodo von Inn= und Knyphausen in Ansehung der hogen Qualitäten, besonders seiner Erfahrenheit und Tapferkeit, zu einem Feldmarschall zu bestallen und zu verordnen." Zwar mußte Dodo den Oberbefehl mit dem Herzoge Georg von Lüneburg teilen, aber die erfolgreiche Durchführung ihrer Aufgaben ist ihm besonders zuzuschreiben. Knyphausen, der den Vortrab führte, zog über Bremen und Vechta ins Emsland, dessen Hauptpunkte Meppen und Haselünne im Februar 1633 besetzt wurden. Hiermit beginnt für unsere Heimat die schwedische Zeit, die bis 1638 dauern sollte. "Meppen ohne Volk hat sich den Schweden ergeben", lautet eine kürzlich beim Umbau eines Hauses gefundene Balkeninschrift. Die Stadt war ohne starke Besatzung , ohne viel Kriegsvolk, seitdem Tilly gegen Gustav Adolf alle verfügbaren Truppen an sich ziehen mußte. So übergab denn der bischöfliche Statthalter, der Drost Dietrich von Velen, die Stadt Meppen nach anfänglicher Weigerung dem neuen Herrn. Sofort füllten sich wieder die Garnisonen Haselünne und Meppen, und schwere Kontributionen wurden, wie dem besetzten Niedersachsen, so auch dem Emslande auferlegt. Man wollte den Feinden Schwedens die Benutzung der Hülfsquellen der katholischen Gegenden möglichst erschweren. Als die rechtmäßige Bischöfliche Regierung in Münster in berechtigter Abwehr, die Lehnsleute des Stiftes zur Leistung der Roßdienste oder zur Zahlung von 10 Talern monatlich für jedes Pferd aufforderte, sah man hierin eine feindselige Handlung gegen Schweden und verbot die Durchführung dieser Verordnung unter den schwersten Drohungen gegen Weiber, Kinder und Güter der Lehnsleute, andernfall s verlangte man die Zahlung einer gleichen monatlichen Abgabe an die schwedische Kriegskasse in Meppen. Das waren also schöne Aussichten und Hoffnungen für die bisher genugsam von Freund und Feind ausgeschundene Bevölkerung des Emslandes. Inzwischen hatte Dodo von Knyphausen an der Weser mit großen Erfolgen gekämpft, so daß der schwedische Kanzler "angemerkt die untertänigsten Dienste, so Ihro Königlichen Majestät, unserem allergnädigsten, unmehr in Gott höchstselig ruhenden König und Herrn glorreichen Andenkens der wohlgeborene Herr Dodo Freiherr von Inn= und Knyphausen Feldmarschall geleistet und noch hinführo der Krone Schweden ungesparten Fleißes leisten möge, dem wohlgedachten Herrn Feldmarchallen und seinen männlichen Leides= und Lehnserben das Amt Meppen nebst Gerichten, Jagden, Fischereien, Rechten und Gerechtigkeiten, wie sie von dem Bischof von Münster jederzeit besessen, innegehabt und genossen worden sind, die Krone Schweden aber durch göttliche Verleihung nach Kriegsrecht an sich gebracht hat," als Mannlehen der Krone Schweden feierlich übertrug am 2. August 1633 zu Frankfurt am Main. So weit hatte es das entzweite Deutschland gebracht, daß das Ausland über deutsche Länder nach eigenem Ermessen verfügte - Ehe sich Dodo der Verwaltung seines neuen Fürstentums widmen konnte, mußte er erst noch eine wichtige militärische Aufgabe erfüllen, nämlich die Eroberung der Stadt Osnabrück, die als Stützpunkt des Feindes, insbesondere des eifrigen katholisch gesinnten Bischofs Franz Wilhelm von Wartenberg, den schwedischen Operationen zwischen Ems und Weser hindernd im Wege lag. Die Eroberung Osnabrücks im September 1633 bedeutete einen neuen Erfolg Knyphausens, hatte aber zugliehc das Zerwürfnis zwischen ihm und dem schwedischen Reichskanzle r zur Folge, weil diesem die Kapitulationsbedingungen Knyphausens gegenüber dem katholischen Domkapitel zu milde waren, und als der Kanzler Oxenstierna öfters als sonst üblich in Dodo Befehlsleitung eingriff, da nahm er mit Beginn des Jahres 1634 seinen Abschied und zog sich aus der Unruhe des Feld= und Lagerlebens ins Emsland zurück. Freilich hatte er nicht die Absicht, die schwedische Sache ganz zu verlassen; besonders erbot er sich zur Leitung der von ihm "für Schweden und die evangelische Sache" vorgeschlagenen Befestigungen Meppens, die ihm auch übertragen wurde. Auch in der Ruhe fühlte er sich noch immer als schwedischer Befehlshaber der Festung Meppen und der darin liegenden 4 Kompanien, für deren Unterhaltung unser Emsland monatlich über 1000 Taler aufbringen mußte. Auch war Meppen der Werbeplatz für fünf Reiterkompagnien, was natürlich eine weitere Beschwerung der Bürger bedeutete. Was ist unsere Wohnungsnot gegen die Wohnungssorgen unsere[r] Vorfahren im 30jährigen Kriege - Als Fürst des Emslandes nahm Dodo seine Wohnung auf der bischöflichen Paulsburg zu Meppen. Die münsterschen Beamten wurden vertrieben, und die Jesuiten, die vor 10 Jahren bei Tillys Einzuge ins Emsland zurückgekehrt waren, mußten wiederum flüchten, und statt ihrer wurden ein Hofprediger und ein Superintendent nach Meppen berufen. Auch aus den übrigen Ortschaften mußten die katholischen Geistlichen weichen. Im übrigen kam die geordnete Verwaltung, die Dodo von Knyphausen im eigenen Interesse einführte, den neuen Untertanen doch zu gute. Die Sicherheit unter seiner Regierung war so groß, daß man nach einer Aeußerung aus jener Zeit "bei hellem Tage Gold auf dem Kopfe tragen konnte." Dodo war eben ein ganz anderer Mann als sein Vorgänger vor 10 Jahren auf derselben Burg, der Graf v. Mansfeld, der gleich seinem Waffenbruder, dem to llen Christian v. Braunschweig, an Blutkoller litt und ins Irrenhaus, Abteilung für Tobsüchtige, gehört hätte. Insbesondere kam in Meppen infolge der fürstlichen Hofhaltung und des zahlreichen Militärs viel Geld in Umlauf, zumal der Fürst befohlen hatte, daß die Soldaten allen Mundvorrat bar bezahlen und den Bürgern hohe Quartiergelder ausgehändigt werden sollten. Um so unwilliger ward daher Dodo gegen die Meppener, als er meinte, einer Pulververschwörung auf die Spur gekommen zu sein, da "etzliche Tonnen Pulver im Rathauskeller gefunden seind" was dem Rate eine Geldbuße von 500 Talern einbrachte. Im übrigen schweigen die städtischen Rechnungen gerade für die Jahre 1634 und 1635, sodaß Dodos Regierung wenigstens für Meppen ein Lichtpunkt in den Schrecknissen jener Zeit gewesen zu sein scheint. - Da ballen sich finstere Wolken im Laufe des Jahres 1635 über Knyphausen zusammen, die sich Anfang des neuen Jahres zu seinem Verderben entladen sollten. Zu Prag im Böhmerland, wo der furchtbare Krieg entbrannt war, hatten endlich Vernunft und Liebe über Engherzigkeit und Haß gesiegt. Die Deutschen wollten sich nicht länger zur Schadenfreude des Auslandes gegenseitig zerfleischen, und Kaiser Ferdinand hatte mit Sachsen Frieden gemacht, (Mai 1635), dem sich die meisten evangelischen Fürsten anschlossen. Der Brand schien gelöscht zu sein, aber da entfachte das mißgünstige Ausland ihn von neuem, und noch dreizehn, furchtbare Jahre tollten nach deutschen Ländern gierige Schweden und Franzosen auf deutscher Heimaterde umher, im Bunde mit einigen deutschen Fürsten. Unter ihnen befand sich auch unser Dodo, und das kam so. Die Bischöfliche Regierung in Münster mußte natürlich den neuen Herrn des Emslandes als Eindringling betrachten, zumal er nicht etwa vom Kaiser, sondern von der Krone Schweden, also von einem Reichs feinde, damit belehnt worden war, und da Knyphausen ferner das mühsame Werk der Wiederherstellung des Katholizismus im Niederstifte gestört hatte, so setzte sie alles in Bewegung, Knyphausen zu verdrängen. Unterstützung fand sie beim Kaiser, der noch einmal vergeblich versucht hatte, diesen kriegserfahrenen Mann in seinen Dienst zu stellen. Dodo wollte seinen Standpunkt nicht verlassen und seine Gesinnung nicht verleugnen. Während man im Kaiserhof zu Wien die Erklärung der Reichsacht über Knyphausen als einen Feind des Reiches in Erwägung zog, marschierten bereits die Kaiserlichen unter dem Obersten von Luttersum von Süden her ins Niederstift und besetzten in rascher Folge Haselünne (Oktober 1635), Kloppenburg, Vechta, Friesoythe und Nienhues bei Aschendorf, so daß Meppen in einem weiten Bogen blockiert war. Jetzt galt es für Dodo zu handeln, und er bot dem schwedischen Kanzler von neuem seine Dienste an. Dieser griff mit be iden Händen zu und ernannte ihn wiederum zum schwedischen Feldmarschall für Westfalen und die anliegenden Gegenden, damit er im Westfälischen und Niedersächsischen die schwedische Waffenmacht wiederherstelle. (November 1635). Besondrs erfreut war hierüber der französische Gesandte, der mit Oxenstierna in Wismar über die kräftige Wiederaufnahme des Krieges an der Weser und der Elbe verhandelt hatte. (Dezember 1635). Knyphausen erhielt von den Franzosen 15 000 Reichstaler besonders zu dem Zwecke, die Truppen des Herzogs Georg von Lüneburg, der ebenfallsm mit dem Kaiser Frieden gemacht hatte, weil er im Gegensatz zu Knyphausen die evangelische Sache genügend gesichert glaubte, auf die Seite der Schweden hinüberzuziehen. Tatsächlich gelang es seiner Persönlichkeit, sowie dem französischen Gelde, die Mehrzahl der Truppen, etwa 10 Regimenter, für den schwedischen Dienst zu verpflichten. Während sich in Osnabr&uu ml;ck seine neue Streitmacht sammelte, machte Knyphausen einen ersten Vorstoß zur Wiedereroberung des Emslandes und zur Befreiung Meppens von der Blockade. Glücklich kam er bis Wildeshausen, erlitt hier aber einen Ueberall seitens der kaiserlichen Besatzung aus Vechta, wobei er mit knapper Not in Hemd und Pantoffeln entkam, während seine Kutsche mit 6 apfelgrauen Pferden, Papagei, Pistolen, Degen, Kleidern und 6000 Talern in die Hände der Feinde fiel. Es gelang ihm trotzdem, nach Meppen zu kommen (Ende Dezember 1635). Sein Versuch, Haselünne auf diesem Marsche in seine Gewalt zu bringen, scheiterte an der Stärke der feindlichen Besatzung; nur Schloß Nienhues eroberte er zurück und schuf sich so nach Norden hin etwas Luft. - Unter diesen Umständen war Dodos Aufenthalt in Meppen nur kurz bemessen, er mußte sich möglichst bald mit seiner um Osnabrück stehenden Hauptmacht vereinigen. So brach denn Dodo von Knyphausen am fr&uum l;hen Morgen des 11. Januar 1636 mit 1400 Mann von Meppen auf. Da er an Haselünne vorbei ziehen mußte, so wußte er, daß er einen schweren Gang ging, und er ließ beim Abmarsche das Gebet für einen Kriegsherrn beten. Der Weg führte am linken Haseufer über Helte=Lehrte=Bückelte nach Haverbeck. Aber die Kaiserlichen unter Luttersum hatten hiervon Kunde erhalten und bereiteten hinter den Sandbergen, die sich südlich Haselünne von der Schulmannshöhe (Wirtshaus Balster) nach Haverbeck hin ziehen, einen Hinterhalt in einer Stärke von über 3000 Mann und eröffneten auf die sorglos dahinziehenden Schweden ein plötzliches Musketenfeuer. "Darauf wir auch alsbald einen Entschluß gefaßt und uns in Bataylie (Schlachtordnung) gestellt haben. Indem aber der Herr Feldmarschall die Truppen zu ordnen und anzuführen sich bemüht, ist er leider rückwärts vom Fein durchs Haupt geschossen und tot liegen geblieben. Ob nun wohl solches eine Bestürzung verursachte, so haben wir uns doch bald wiederum gefaßt und sind deromaßen nach drei ausgestanddenen scharfen Salven auf den Feind gegangen, daß er sich bald zur Flucht gewandt, über 1000 Mann auf dem Kampfplatz gelassen hat, ein ziemliches Teil ins Wasser (die Hase) gejagt und versoffen ist und mehr denn 500 gefangen sind, darunter der Obristen Luttersum. Welches wohl eine herrliche Viktoria wär, wenn Gott der Allmächtige dem Herrn Feldmarschall das Leben noch eine Zeitlang hätte fristen wollen." Also lautet im Auszuge der militärisch kurz gehaltene Bericht des Obersten Wenzel von Kratzenstein über das Ende Dodos von Knyphausen aus dem Marburger Staatsarchiv. Ein gütiges Geschick nahm ihn zur rechten Zeit hinweg, gerade als Dodo Gefahr lief, die traurige Rolle zu spielen, welche die schwedischen Mordbrennergeneräle in französischem Solde 13 entsetzliche Jahre lan g auf deutscher Heimaterde gespielt haben. Sein Reitertod hat viel Aehnlichkeit mit dem seines königlichen Herrn bei Lützen, der auch eines ehrlichen Soldatentodes starb, ehe er zum Räuber am deutschen Boden wurde; denn sicherlich nicht ohne große Beutestücke wäre Gustav Adolf als Sieger nach Schweden heimgezogen. - Die Schlacht zwischen Haselünne und Haverbeck lebt noch im Volksmunde daselbst. "Rot gefärbt vom Blute der vielen Erschlagenen war das Wasser der Hase". "Kaiserberg" heißt ein Hügel an der Landstraße, wo der Weg nach Wester abbiegt, sicherlich weil von ihm die Stellung der Kaiserlichen ihren Ausgang nahm. "Düvelsberg, Teufelsberg" wird eine steile Erhebung bei Wester genannt, auf der ein Vorposten das Nahen der Schweden beobachtete, und verschüchterte Bauern, die ihr Vieh im Ringwalle des "Ochsenberges" zwischen Haverbeck und der Wester Schaftrift in Sicherheit gebracht hatten, erbarmten sich der Leichen d er im Leben erbarmungslosen Soldaten, luden sie auf Leiterwagen und fuhren sei gen Haselünne zum "Totenberg" am Wege nach Lotten, wo sie dem jüngsten Tage entgegenbleichen. Den Dodo von Knyphausen aber brachte die siegreiche Truppe unter der Führung des Obersten von Kratzenstein nach Meppen, wo er als Leiche durch den noch jetzt sichtbaren Bogen des Torhauses zur Burg getragen ward, aus der er am Morgen vorher noch lebensfrisch herausgeritten war; und zum letzten Male öffnete seinem allgemein beliebten Herrn die Torflügel der Burgwart, als Dodo zur feierlichen Leichenschau in die damals protestantische Pfarrkirche getragen ward, wo ihm der Superintendent Brawe die Abschiedspredigt hielt. In Iennelt in Ostfriesischer Heimaterde fand Dodo nach einem feierlichen Leichenbegräbnis, das uns aufgezeichnet ist, seine letzt Ruhestätte.

Der Sieg bei Haselünne befestigte die Herrschaft der Schweden über das Emsland von neuem. Die Kaiserlichen räumten die festen Plätze, und der Sohn Dodos wurde Oberkommandant von Meppen. Eigentlich fürs Studium bestimmt, war er ein Spielball in der Hand der schwedischen Obersten. Er ließ sich von den Bürgern zur Abwehr drohender Einlagerungen gerne "Verehrungen" erweisen, bald ein Pferd, bald 100 Reichstaler, aber die Obersten handelten nach eigenem Ermessen, und bald war das Emsland wieder mit Truppen stark belegt. "Mit militärischer Strenge wurden über all die Zölle, Wegegelder, Steuern, Schatzungen, Zehnten, Pächten und wie immer sonst geheißen", eingetrieben; was das bedeutet, kann sich ein jeder vorstellen Beschwerden an die "Feldmarschallin", die Witwe Knyphausen, die nach Emden verzogen war, halfen natürlich nichts, und so "ging von neuem der Betteltanz an." Die verwitwete Landesmutter hatte wenig Freude an ihrem emsländischen Besitz, so daß die schlauen Holländer gnädig Gehör bei ihr fanden, als sie sich erboten, das Amt Meppen für 40 000 Kronen anzukaufen, zumal ein landhungriger deutscher Fürst, der Landgraf von Hessen, mit seiner Truppenmacht hier im Lande erschien und denselben begehrlichen Blick auf das Emsland und auf Ostfriesland warf, wie einstens der Graf Ernst Mansfeld unseligen Andenkens. Die Holländer wollen das Emsland beileibe nicht für sich erwerben, sondern für den Sohn des eingangs erwähnten ""Winterkönigs", Friedrich von der Pfalz, des Führers der Union, der nach Tillys Erfolgen vom Kaiser seines Landes, der schönen Rheinpfalz mit dem wunderherrlichen Schlosse zu Heidelbergs, verlustig erklärt und in die Reichsacht getan worden war. Für dieses geächteten Pfalzgrafen Sohn, dessen sich auch sein Onkel, der König von England, in Liebe annahm, sollte das Amt Meppen den Ersatz bilden, f&uu ml;r das verlorene Erbe an Rhein= und Neckarstrand; zugleich war es ein günstig gelegenes Einfallstor für Holland nach Deutschland hinein. Natürlich mußte dem Kaiser und dem mit ihm verbündeten Spanien alles daran liegen, diese Pläne zu vereiteln. So war dann unsere unscheinbare kleine Heimat ein Gegenstand der hohen europäischen Politik geworden. Beide Parteien wetteiferten, wie sie ihr Ziel am schnellsten erreichten. Der Kauf ward vollzogen (1637), die Kriegsvölker wurden auf den jungen Pfalzgrafen vereidigt - seitdem "die Pfalzgrafischen genannt, eine reformierte Hofkirche sollte für ihn in Meppen gebaut werden, Wagen mit Geld und Munition trafen in derselben Stadt ein. Ganz Meppen war in fieberhafter Tätigkeit für den neuen Herrn. Aber auch die Gegner ruhten nicht. Der General von Velen rückte von Rheine heran und suchte die Festung Meppen vor der Ankunft des Pfalzgrafen zu überrumpeln. Der Ueberfall gelang in der e rsten Maiennacht des Jahres 1638. Der Held des Tages war ein gewisser Punder Jürgen, der die Hase durchschwamm, am Ufer sitzen blieb, einen harmlosen Fischer darstellte und auf Anruf die Wache oben auf der Kornschanze (jetzt Amtsgericht) mit den Worten beruhigte: "Wässe doch stille, ick fiske hier, Ji schüllt Jaue Portion aock häbben!" Dann stieg er den Wall hinan auf die Wache zu, als wolle er die Fische abgeben, streckte plötzlich den Posten nieder und bahnte so den Kaiserlichaen den Weg zum Hasetor. Ein Kupferstich auf dem Rathause zu Meppen erinnert an den Zusammenbruch der Schwedenzeit des Emslandes. (1633-38). Punder Jürgen, der Befreier, wurde zum Leutnant befördert, bekam eine jährliche Rente von der bischöflichen Regierung in Münster und bezog den Winkelerschen Hof in Bookhof bei Herzlake, wo die Erinnerung an ihn und seine Freiheitstat noch lebt.
Das Emsland hatte also seinen rechtmäßigen Herrn wiederbekommen. Frohlockten die Emsländer über die Rückkehr der münsterschen Beamten und der Jesuiten? Hatten sie jetzt Ruhe und Frieden? Ach, es sollte der Krieg noch 10 Jahre weiter toben(1638-48), und gerade diese letzten Kriegsjahre waren die schlimmsten, die unsere Heimat erlebt hat. Für beide Parteien war der Besitz des Niederstiftes wertvoll. Der Kaiser, der ständig Hülfskräfte aus den rheinische=westfälischen katholischen Stiftern Köln, Münster, Paderborn erhielt, mußte um jeden Preis diese Gegend sich erhalten; umgekehrt suchten seine Gegner ihm diesen wertvollen Besitz zu schmälern, wenn nicht gar zu entreißen. So ist es zu erklären, daß unsere Heimat von Freund und Feind bis zum Kriegsende 1648 schwer heimgesucht wurde. Auf der einen Seite lasteten starke kaiserliche Einlagerungen zum Schutze des Emslandes auf Stadt und Land. In Mepp en z. B. lagen durchschnittlich 12 Mann im Bürgerquartier; dabei sank die Zahl der bewohnbaren Häuser infolge zunehmender Armut von etwa 150 auf 110, so daß die Einquartierung für einzelne Häuser auf 28 Mann stieg! Rücksichtslos waren die Offiziere, vom Obersten herab bis zum Leutnant, und die Mannschaften stellten mit den wachsenden Kriegsjahren immer mehr den Auswurf der Menschheit der verschiedensten Nationen dar, denn in Deutschland gab es durch den Krieg etwas zu verdienen. Die kaiserlichen Obersten und Generäle, die hier gelegen haben wie Piccolomini, Westerholt, Hatzfeld, Ketteler, Lamboi, sie alle hatten ihre Leute gar nicht mehr in der Gewalt, so daß die bittersten Klagen von Bürger und Bauer aus der Zeit der 2. Kaiserlichen Einquartierung aus den Urkunden uns entgegentönen. Einen Vorgeschmack bekamen z. B. die Meppener Bürger am Befreiungstage von der schwedischen Herrschaft (1. Mai 1638). Die Sieger sprengten die T&uu ml;ren der geschlossenen Häuser, deren Bewohner an dem Straßenkampfe gar keinen Anteil genommen hatten, und nun begann ein wildes Plündern und Rauben und ein Mißhandeln der ruhigen Bürger. So sahen, die Beschützer unserer Heimat aus! Und die Gegner? Ein 2. Mal durchzogen mehre Tausend Hessen verheerend das Amt Meppen (1644) auf ihrem Marsche nach Ostfriesland. Dreimal versuchten die Schweden, sich des Emslandes und besonders der festen Punkte Meppen und Haselünne wieder zu bemächtigen, und dreimal bezeichneten Mord und Brand und Plünderung den Weg dieser Horden, das dritte und letzte Mal im Jahre 1647. Der schwedische General Graf Königsmark, derselbe, der 1648 als letzte kriegerische Handlung die Kleinseite von Prag erstürmte, dieser Schwede hat den traurigen Ruhm mit ins Grab genommen, der letzte Schänder unserer emsländischen Heimat gewesen zu sein. Im Sommer 1647 zog er über den Hümmling, dessen Dörf er Lorup und Wahn er niederbrannte. Weiter zog er ins Emstal, dessen Ufer von Hesepe bis Brual mit Brand und Blut bedeckt waren. Haren, Sustrum, Dersum, Heede, Rhede, Aschendorf, Herbrum loderten in Flammen auf. Ein roter Blut= und Feuerstrom floß neben der Ems dahin. Im November zog Königsmarck vor Meppen, warf glühende Kugeln hinein und setzte 86 Häuser in Brand. Aber die Festung hielt stand. Darum zog er wutschnaubend vor Haselünne und entfachte mit seinen Feuerkugeln ein solches Flammenmeer, daß ebenfalls über 80 Häuser eingeäschert wurden. Monate lang dauerten diese Tage des Schreckens, in denen noch dazu die Pest ihre verheerende Geißel schwang, doch für alle Zeiten soll dauern die Erinnerung an diesen und alle anderen Schänder unserer Heimat in jenem entsetzlichen Kriege.