Dies ist die Friedenstätigkeit des Bischofs Christoph Bernhard, die aus Raummangel nur in ihren Hauptzügen gezeichnet werden konnte. Doch "es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt". Wir sehen zurächst von der hohen Politik ab und betrachten um so genauer die Entwicklung der Heimatlichen Verhältnisse auf der Ems, die von der Geschichtsschreibung für die Beurteilung des Bischofs und seiner Handlungsweise viel zu wenig herangezogen werden, so dass das schiefe Urteil eins kriegslustigen Bischofs entstehen konnte.
Nach dem Frieden von Kleve (1666) waren die Holländer in den Dieler Schanzen liegen geblieben, weil sie als Pfand für die Anleihe dienten, die zur Abtragung der früher erwähnten Lichtensteinischen Schuld von dem Fürsten von Ostfriesland aufgenommen war. Aus demselben Grunde hatten sie Leerort a. d. Ems besetzt. Nicht lange sollte es dauern, da erfolgten von Diele aus verschiedene Übergriffe zu Lande und zu Wasser: So ließ (August 1668) der Befehlshaber von Diele zur Ausbesserung der Schanzen die erforderlichen Erdmassen aus der Bauerschaft Brual, die auf münsterschem Gebiete liegen, holen. Auf die Beschwerde hierüber gab die bischöfliche Regierung in Meppen den Bauern die Weisung, den boden wieder zu ebnen und sofort zu berichten, fals die Holländer wiederkämen. Einige Tage darauf wurden mehrere Brualer Bauern, die auf ihren Äckern arbeiteten, von der Dieler Besatzung angehalten, weil sie den Schanzen zu nahe gekommen seien. Auf die Nachricht von dieser neuen Gewalttat begaben sich zwei Beamte aus Meppen nach Brual, ließen die Bauern mit Spaten und Hacke antreten und zogen mit ihnen auf die Ländereien, wo die Erde gestochen war. Eine Anzahl Bauern wurde zu dem holländischen Kommandanten geschickt, um die Erlaubnis zur Einebnung des Bodens zu holen. Während ein Teil die Schanze betrat, warteten die anderen draußen. Da ließ der Befehlshaber die Bauern, ohne sie auch nur anzuhören, verhaften und festsetzen! Den vor dem Eingange Wartenden befahl er, sich unverzüglich aus dem Bereiche der Geschütze zu entfernen. Erst nach einigen Tagen wurden die Brualer entlassen. In einem Schreiben an den münsterschen Richter Reinhard in Aschendorf behauptete der holländische Offizier, dass der Boden, auf dem die Erde gestochen sei, ostfriesisches Gebiet sei. Dem widersprach aber der Richter mit aller Entschiedenheit: stets sei das betr. Land im Besitze der Brualer gewesen, und von Brual aus sei es in Kultur genommen worden. Während der bischöfliche Statthalter in Meppen, der Droste Matthias von Velen, hierüber an den Fürstbischof berichtete, erschienen die holländischen Besatzungstruppen noch mehrere Male auf Brualer Boden und holten Erde. Der Bischof, augenblicklich ohnmächtig, wie es scheint, diese Plagegeister zu verscheuchen, verbiss sich den Zorn und wartete. Die Holländer aber, durch die Ruhe des Bischofs mutig gemacht, erkühnten sich zu weiteren Belästigungen, diesmal zu Wasser auf der Ems. Ohne jegliche Berechtigung hatte der Holländer den Grenzzoll in Burtange nach Diele, also auf deutschen Reichsboden gelegt und belästigte und beschwerte die deutsche Schifffahrt auf der Ems, indem von allen hinauf- und hinabfahrenden Schiffen Abgaben gefordert wurden. So kommen z. B. im März 1669 einige mit Hafer für den bischöflichen Marstall beladene Pünten an den Dieler Schanzwerken vorbei. Sie wurden angehalten und sollten Zoll zahlen. Die Püntker Alers Aikens, Johann Schröder und Johann Grummel weigerten sich unter Hinweis auf den zollfreien Handel mit Ostfriesland und führen weiter. Da setzten ihnen die Soldaten nach, überfielen die Schiffer, die sich bereits auf münsterschem Gebiete, auf der Brualer Langen Spiek befanden, führten Schiff und Schiffer gewaltsam zurück und legten die Püntker 2 x 24 Stunden fest. Als der Fürstbischof hiervon erfuhr, ließ er von allen Kanzeln des Amtes Meppen dieses gewalttätige Verhalten der holländischen Besatzung im ostfriesischen Diele bekannt geben, zugleich mit dem Befehle, dass alle im Stifte Münster befindlichen ostfriesischen Güter mit Beschlag zu belegen seine. Zur Zeit zu machtlos, gegen die Niederlande vorzugehen, wollte er sich an den Ostfriesen schadlos halten. Gleichzeitig schrieb er an die Fürstin Christine Charlotte von Ostfriesland, dass er keinesfalls gewillt sei, "diesem friedbrüchigen Faktum und der Verletzung seines Gebietes und seiner Hoheit still zuzuschweigen." (Bentlage 10.4.1669.) Des Bischofs Zorn gegen die Ostfriesen steigerte sich, als er vernahm, dass auch sie sich einer Grenzverletzung schuldig gemacht hatten. Es waren nämlich Einwohner des Dorfes Völlen in die emsländische Bauerschaft Bokel bei Aschendorf eingebrochen, hatten Grund und Boden daselbst abgegraben und zur Widerherstellung ihrer durch die Winterfluten zerrissenen Deiche fortgeschafft. Aufgefordert, derartige Eingriffe in fremdes Gebiet zu unterlassen, zogen sich die Völlener zwar zurück, kamen aber mit verstärkter Mannschaft wieder und gruben ruhig weiter. Der Bischof schritt empört zur Maßregelung der Ostfriesen, indem er die Mieten und Einkünfte des am Nordhang des Hümmlings liegenden Gutes Esterwegen, das damals der ostfriesischen Familie der Krumminga gehörte, als Vergütung des bei Diele erlittenen Schadens in Beschlag nahm. Alsdann wandten sich beide Parteien an den Kaiser nach Wien. Dieser bedeutete dem Bischof, dass er kein Recht habe von Ostfriesland Schadenersatz zu fordern, wohl aber von den Niederlanden. An die holländische Regierung, deren Kapitän in Diele diesen unerquicklichen Streitfall heraufbeschworen hatte, richtete der Kaiser die Aufforderung, die Zollstätte in Diele, weil auf des deutschen Reiches Boden gelegen, sofort aufzuheben und dem Bischofe von Münster Schadenersatz zu leisten. Die Regierung im Haag versprach Abstellung der Belästigungen der Emsschifffahrt, aber in Wirklichkeit blieb die Zollstelle in Diele bestehen, und die genannten Pünten blieben festgelegt, bis die Haferladung verdorben war und die Schiffe voll Wasser gelaufen und gesunken waren. Mit Ostfriesland, insbesondere mit Emden, vertrug sich Christoph Bernhard in Hinblick auf ihre gemeinsamen Interessen auf der Ems durch Abschluss eines Handelsvertrages in Aschendorf im Dezember 1669, den Holländern jedoch vergaß er ihr unverschämtes rechtswidriges Verhalten gegen seine Hoheitsrechte nimmer und konnte es als ein Mann von Ehre auch nicht. Wir finden es daher begreiflich, dass Christoph Bernhard sich von neuem nach einem Verbündeten umsah, denn nicht mit Bittprozessionen und Wallfahrten nach Telgte konnte er diese Plagegeeister loswerden, die an den Grenzen seines Bistums umherirrten und seine Landeskinder verdarben, sondern mit dem blanken Schwerte in der deutschen Faust! Ein Bündnisfall sollte sich bald ergeben. Wir wenden uns nunmehr kurz der hohen europäischen Politik zu. Die größte Militärmacht des europäischen Festlandes nach dem 30j. Kriege war Frankreich, das von dem jungen, ehrgeizigen König Ludwig XIV. beherrscht wurde. Frankreichs Macht und Ruhm zu mehren auf Kosten seiner Nachbaren, insbesondere auf Kosten unseres deutschen Vaterlandes, das war das hohe, für uns Deutsche verderbliche Ziel dieses herrsch- und prunksüchtigen Fürsten. Noch jetzt erzählen die Trümmer des Heidelberger Schlosses und zahlreiche Reste von Burgen am Rhein und Mosel von der französischen Kriegsführung jener Tage. Dieser König Ludwig XIV. hatte einen besonderen Hass gegen Holland, dessen bedeutsamer Staatsmann Jan de Witt die Pläne des französischen Königs durchkreuzte. Infolgedessen bereitete König Ludwig gegen Holland einen Rachefeldzug vor, indem er einen großen Bund zwischen Frankreich, England und Schweden zustande brachte. An diesen suchte er auch westdeutsche Reichsfürsten zu fesseln, und so richtete er sein Augenmerk auf Hollands östlichen Nachbar, auf Christoph Bernhard von Galen, er aus den uns bekannten Gründen das französische Anbieten annahm. Im April des Jahres 1672 kam der Vertrag zustande, in dem sich der Bischof gegen monatliche Zahlungen von 13 000 Tlr. Zur Aufstellung von 19 000 Mann verpflichtete. Er bekam die Aufgabe, mit einem französischen und Kölner Hilfskorps die Ostgrenze der Niederlande anzufallen. So begann der 2. französische Raubkrieg von 1672 bis 1678. Ganz gewiss war Ludwig XIV. für unser Vaterland der ärgste Reichsfeind. Wir bezeichnen noch jetzt seine Kriege mit vollem Rechte als Raubkriege! Aber für Christoph Bernhard von Galen war Holland der Landesfeind und auch, wie wir sahen, des deutschen Reiches Feind, was der Bischof in seinen Beschwerden stets betonte und der Kaiser bestätigte. Die Ruhe und Unversehrtheit seines Landes geboten eine scharfe Stellung gegen die Niederlande, und wenn der Bischof diese an der Seite Frankreichs einnahm, so ging es ihm gerade so, wie später dem Großen Kurfürsten von Brandenburg, der 4 Jahre (1680 bis 84 im engsten Anschluss mit Ludwig XIV. stand, weil er dadurch hoffte, die Schweden, seine und des Reiches lästige Nachbaren, aus Pommerland loszuwerden. Anmerkung: Die Püntker Alers Aikens, Johann Schröder und Johann Grummel Ein Joannes Schrodes-Schroders 20 Jahre, wird 1659 in Groß Hesepe genannt Ein Joes Schröer, Alter 12 Jahre, wir 1659 in Haren genannt ein Johan Grummel wird 1659 in Haren genannt |