[Seite] 6
Vorwort Im Jahre 1632 eroberte der aus Ostfriesland stammende und im Dienst der Schweden stehende General Dodo von Kniphusen das Emsland. Ihm, dem tüchtigen, gläubigen Lutheraner, übertrug die schwedische Krone das Amt Meppen des Fürstbistums Münster als eigene Herrschaft. Das Städtchen Meppen wurde seine Residenz. Die Verwaltung des Fürstbischofs mit dem Drosten von Velen und dem Rentmeister Gerhard Martels mußte die Stadt verlassen. Mit ihr verließen vermutlich auch die gesamten Verwaltungsunterlagen das Emsland. Sie blieben als Amtsrechnungen des Amtes Emsland oder Meppen erhalten und gehören heute zum Archivgut des Herzogs von Arenberg und werden als Depositum im Niedersächsischen Staatsarchiv Osnabrück aufbewahrt. 1636 wurde Dodo von Kniphusen in einem Gefecht bei Haselünne tödlich verwundet. Seine Witwe Anna von Schade verkaufte 1637 das Amt Meppen an den Pfalzgrafen Karl Ludwig, den Sohn des unglücklichen Kurfürsten von der Pfalz, der bei der Schlacht am Weißen Berge nicht nur Böhmen, sondern auch die pfälzische Kurwürde verlor. Der Pfalzgraf konnte aber die Herrschaft in Meppen nicht antreten, weil kaiserliche Truppen das Emsland zurückeroberten. Aus der schwedischen Zeit fehlen die Amtsrechnungen des Amtes Meppen und auch aus den vorhergehenden Jahren, insgesamt von 1630 bis 1637, darüber hinaus sind von 1638 bis 1649 keine Einkünfte aus Eigentumsgefällen münsterischer Eigenbehöriger verzeichnet. Als einzige Besteuerungsgrundlage ist eine Viehschatzung aus dem Jahre 1631 erhalten. Bald nach ihrer Rückkehr aus dem erzwungenen Exil 1638 werden Hermann Mathias von Velen und Gerhard Martels ihre Beamten angewiesen haben, die verlorengegangenen Steuerregister zu ersetzen, so auch den Richter des Gerichts Düthe, das die Kirchspiele Lathen und Steinbild umfaßte, Christoffer Kock, der seit seiner Ernennung 1624 dieses Amt wohl in Lathen ausübte, da aus Düthe selbst keine Richterwohnung überliefert ist. Christoffer Kock (+ 1652) - seine Familie stellte bis 1767 den Düther Richter - machte sich an die gewaltige Fleißarbeit, auftragsgemäß den Status aller Erben und Häuser in seinem Gerichtsbezirk zu erstellen und ein Register zu schaffen, das einen genauen Überblick über die Verhältnisse in seinem Gerichtssprengel in der Zeit des ausgehenden Dreißigjährigen Krieges anno 1640 gibt. Kock legte im Abstand eines Vierteljahres zwei Register nieder, das umfangreichste ist hier als Geschichtsquelle übertragen. Es enthält die Gerechtigkeiten, die an Haus und Hof klebten, und alle Belastungen, die zu ertragen waren. Im einzelnen werden die Berechtigungen, die ein Hof als Vollerbe, Kötter oder Brinksitzer in der gemeinen Mark hatte, angesprochen, mit der bewirtschafteten, brachliegenden, gepachteten, verpachteten oder versetzten Fläche, dem Viehbestand an Pferden, Kühen, Rindern, Schweinen und Schafen. An steuerlichen Belastungen, deren Normalquantum feststand, werden aufgeführt der Kirchspiel oder Monatsschatz, der Contributionschatz als Steuer zur Deckung der Kriegskosten und die sehr alten Belastungen Mai- und Herbstschatzung. Ebenfalls werden Angaben zur persönlichen Freiheit des einzelnen Erben gemacht.
[Seite] 7
Die größten Grundherren sind nach diesen Aufzeichnungen der Landesherr Bischof von Münster, die Maniel auf Gut Beel bei Hilter, die Düthe in Landegge, die Westerholt in Haselünne, die Schnetlage in Ahlen, die Brawe auf Campe und die Gent und Plettenberg auf Osterwedde beim Kirchdorf Steinbild sowie die Scharpenberg in Heede. Beachtlichen Lehnsbesitz an Höfen und Zehnten hatten die Schwenke, Kobrink, Maniel, Düthe in Landegge, Westerholt, Scheffert (Wißweiler), Nagel, dazu auch die Familie Diepenbrock auf Haus Marck bei Tecklenburg, die aber ihren Lehnsbesitz an bäuerliche Familien wie die Heßling in Ahlen verafterlehnt hatte, dazu die Backemude in und bei Meppen. Als Zehntherren werden die einheimischen Familien Hilling, Dürken, Sinnige und Wilholte erwähnt. In den Einspännigern hatte sich wohl die Restgruppe an Bauern erhalten, die noch selbst die Last der Landesverteidigung mit Harnisch und reisigem Pferd zu tragen hatte und dafür von manchen Landessteuern befreit war. Das waren in Ahlen Düthmann und Heßling, in Steinbild das dem Landesherrn eigenbehörige Erbe Sievering, in Walchum und Dersum die münsterischen Lehnsleute Schweers und Bögemann. Ein wenig bekanntes düsteres Kapitel des Dreißigjährigen Krieges stellt die äußerst hohe Verschuldung vieler Bauernhöfe dar. Manchmal werden dafür Gründe genannt: Erbabfindungen, Raub der Pferde durch die Kriegsparteien, Unglück mit den Pferden, aber auch als Folge des Freikaufs aus der Eigenbehörigkeit zu ihrem Grundherrn. In Ahlen hatte sich ein halbes Dutzend Höfe aus ihrer Abhängigkeit von der Familie von Schnetlage freikaufen können. Aber wo viele Schuldner sind, dort müssen auch viele Gläubiger sein. Ausweislich des übertragenen Registers haben auch einzelne bäuerliche und Kaufmannsfamilien durchaus Kapital besessen. Erinnert sei an den Talerfund auf dem Hofe Sievering in Steinbild im Jahre 1963, der den Gegenwert von mehr als 100 Kühen darstellte. Große Gläubiger dürften auch die Kirchen gewesen sein, die einen beachtlichen Armenfonds aus den frommen Stiftungen der gläubigen Christen aufgebaut hatten, deren Erträge auf Weisung von Pastor und Armenprovisoren den verarmten Teilen der Landbevölkerung zuflossen. Insbesondere die Lagerbücher der Pfarre Lathen weisen eine große Anhäufung solcher Gelder auf, im einzelnen die Bücher um 1650 und aus dem Jahre 1670, als gerade die geistliche Betreuung des Amtes Meppen vom Bischof von Osnabrück an den Bischof von Münster übergegangen war. In diesen Jahren haben sich die Namen der sich aus dem Armenfonds (Spendebuch) Kredit verschaffenden Personen kaum geändert, sicherlich auch ein Hinweis auf die prekäre finanzielle Lage der Bevölkerung nach dem Frieden von Osnabrück und Münster 1648. In diesen Lagerbüchern der Pfarre Lathen sind auch die Einkünfte der Kapelle in Fresenburg enthalten, die um 1610 noch einen eigenen Vikar hatte, den lutherischen Prediger Matthäus Welner. Im Zuge der Gegenreformation übertrug der Bischof von Münster diese Einkünfte an die Jesuiten in die Meppen. Deswegen erwähnt Pastor Petrus Halver sie 1670 nicht mehr. Das Meßkornregister der Pfarre Steinbild ist nicht nur wegen der vielfältigen Abgaben für den Unterhalt der Geistlichen und für die Unterhaltung der Kirche selbst eine
[Seite] 8
besonders reichhaltige Quelle, sondern auch weil Pastor Albertus Abbet sich auf ein älteres Register aus der Zeit des evangelischen Pastors Vollkamp (1588 - 1614) bezieht und weil aus ihm zu entnehmen ist, daß eine große Anzahl von Erben - nur sie mußten Meßkorn geben - schon damals aufgeteilt war. Er erwähnt die neuen Inhaber dieser Erben mit Namen, und sie können damit eine wichtige Quelle für den Familienforscher für die Zeit vor Beginn der Kirchenregister (Lathen 1652, Steinbild 1647) sein. Kaum noch vorstellbar ist, daß die bäuerlichen Erben das Meßkorn, die Pröven, dreimal jährlich an den Festen Pfingsten, St. Michael (29. September) und Weihnachten jeweils in Form eines Brotes mit einem Gewicht von 16 bis 18 Pfund leisten mußten, ergänzt um ein Stück Fleisch, ein paar Eier oder später um einen kleinen Geldbetrag. (Die Ergänzung nannte man Süvel). In Lathen hatten 77 Erben Pröven zu leisten und damit wären 77 Brote zusammengekommen. Wie soll man sich die Lagerhaltung dafür vorstellen? Für das Kirchspiel Lathen erwähnt 1670 Pastor Halver, daß die Bauerschaften Niederlangen und Oberlangen nach Wahl als Pastors und der Erben (arbitrium pastoris et praedii) statt der Pröven aus Brot und Süvel 27 Kannen Roggen leisten konnten (1 Vierup = 36 Kannen ca. 70 Pfund Roggen) . Zu späterer Zeit ist das Meßkorn tatsächlich vollends in eine einmalige Lieferung von 3/4 Vierup Roggen umgewandelt worden, eine Verpflichtung der bäuerlichen Erben, die eine Holeschuld für Pastor und Küster (s ein Anteil am Meßkorn war das Küsterskorn) darstellte. Bei Anlegung der Grundbücher wurde das Meßkorn dinglich abgesichert und erst in diesem Jahrhundert gegen einmalige Geldzahlung abgelöst. Fundstellennachweis der veröffentlichen Quellen:
Um den Zugriff auf die Archivalie zu erleichtern, wurde die Paginierung der Archive übernommen. In den Anhang der Arbeit wurden ein Orts- und Personenregister aufgenommen. Ferner werden Maße, Gewichte und Münzen und besondere Begriffe im Anhang erklärt. Einzelne Worte wird der Benutzer vergeblich suchen (z.B. Davidsgulden, Bütken) . Sie konnten nicht gedeutet werden. Für die Ubersetzung einzelner lateinischer Wörter steht ein Glossar zur Verfügung. Zusammenhängende lateinische Textstellen sind übersetzt worden. Mein Dank gilt dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Familienforschung der Emsländischen Landschaft für die Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim, Herrn Pastor i.R. Jan Ringena aus Neuenhaus, und Herrn Josef Grave vom Emsländischen Heimatbund für viele Hinweise vor der Drucklegung dieser Geschichtsquelle. |